Nachbarschaftsstreitigkeiten?

Um etwa 5.200 v. u. Z. wurden im Südwesten der heutigen Slowakei auf den fruchtbaren Lössböden nahe dem Fluss Žitava drei Siedlungen der jüngeren Linearbandkeramik (LBK) in direkter Nachbarschaft zueinander gegründet. In den knapp 300 Jahren Besiedlungsgeschichte wurden 313 Häuser errichtet. Die größte Bevölkerungsdichte bestand in der Zeit um 5.110 v. u. Z. Nur etwa 40 Jahre später legten Bewohner:innen um eine der Siedlungen einen Graben mit Palisaden an und trennten sich so von den zwei anderen ab – warum sie das taten, lässt sich bisher nur vermuten. Vielleicht führte das enge Zusammenleben zu Spannungen, und das Bedürfnis nach Abschottung wuchs. Der Aushub eines solchen Grabens war in der damaligen Zeit eine aufwendige Angelegenheit, die gemeinschaftlich erfolgte und damit für den Ausdruck eines Wirgefühls steht.

Spondylus – eine weit gereiste Grabbeigabe

Anhänger aus Spondylus (Spondylus gaederopus), einer Muschelart aus dem Mittelmeer, wurden in der Zeit der Linearbandkeramik sehr weit verbreitet. In weiten Teilen Süd- und Südosteuropas wurden solche Muscheln vor allem bei Ausgrabungen in Siedlungen gefunden. In Mitteleuropa findet sie sich in Bestattungen der Linearbandkeramik. Sie gelangte bis nach Nordpolen, Mitteldeutschland und bis zum Pariser Becken. Ihre große Verbreitung zeigt, dass die Menschen während des sechsten Jahrtausends v. u. Z. weitreichende und komplexe Kontakte und Austauschsysteme hatten und das alles ohne Smartphone und Internet.

  • Spondylusanhänger aus einer der traditionellen Bestattungen in Vráble.

  • Verbreitung der Spondylusmuschel im sechsten Jahrtausend v. u. Z.

Magie in der Urgeschichte?

Was die Menschen dazu bewogen hat, die Köpfe abzutrennen, werden wir nie abschließend klären können. Über Indizien können wir jedoch Vermutungen anstellen. 1. In dieser Zeit wurde das vormals einheitliche Bestattungsritual vielfältiger und 2. passierte das gleichzeitig mit einer Regionalisierung. Das lässt vermuten, dass das Zugehörigkeitsgefühl zu einer kleinen Gruppe für die Menschen wichtiger wurde. Zu so einer Gruppenidentität gehörten gemeinsame, die Gruppe verbindende Rituale. In diesen Ritualen kann die Erklärung für die kopflosen Skelette von Vráble liegen: Das Abtrennen des Kopfes war Teil eines speziellen Totenrituals, das bestimmten Regeln folgte. Solche Rituale und anderes regelhaftes Verhalten werden als Versuche des Menschen angesehen, in natürliche Prozesse einzugreifen. Wir beten oder opfern für bessere Zeiten, das Abwenden von Krankheiten und Missernten. Wie eine Art angewandte Magie, um Unkontrollierbares zu beeinflussen.

  • Dieser Obsidiankern wurde rituell deponiert.

  • Ganz selten besitzen Gefäße plastische Verzierungen. Eine Schlange, wie sie auf diesem Gefäß angebracht wurde, ist bisher ohne Parallelen.

  • Die drei Siedlungen.

  • Rekonstruktion der Bestattung in den Gräben.

  • Rekonstruktion der Bestattung in den Gräben.

  • Rekonstruktion der Bestattung in den Gräben.

  • Rekonstruktion der Bestattung in den Gräben.

Ausgrabung

  • Die gängigen Ausgrabungsgeräte reichen vom Bagger zum Pinsel. Doch manchmal greifen die Archäolog:innen auch zum Staubsauger.

  • Für die Fotodokumentation soll alles im gleichen Licht erscheinen. Der Schattenwurf durch die Sonne lässt sich am besten mit großen Planen verhindern.

  • Der Graben mit den Bestattungen. Im Hintergrund lassen sich seine Außenlinien im Profil erkennen. Davor zwei bestattete Kopflose.

  • Zeichnungen und Zuordnung der Funde aus den Längsgruben eines Hauses.

  • Zeichnungen und Zuordnung der Funde aus den Längsgruben eines Hauses.

  • Jetzt bloß nicht daneben treten! Bei der Ausgrabung zwischen den Skeletten ist Balance und besonderes Feingefühl gefragt.